Wenn aus der Ehe eine glückliche Familie wird – von wegen glückliche Familie
Eine Bilderbuchfamilie im Ferienhotel: die junge Mutter war eine attraktive, elegant gekleidete Frau, der stolze Vater ein fescher, jungenhaft dynamischer Typ, das vier Monate alte Baby, ein wahrer Wonneproppen, machte das Glück vollkommen. Der junge Vater stand seiner Frau mit Rat zur Seite, erfüllte ihr jeden Wunsch, schaute ganz verzückt den Stammhalter an, aber ebenso verliebt seine Frau. Immer wieder küsste er sie zärtlich … Eines Abends kamen wir mit dem Paar beim Essen ins Gespräch, redeten über Freud und Leid des Elternseins. Und da brach es aus ihnen heraus: die junge Frau schimpfte auf den verständnislosen Rabenvater, der ihre Sorgen um das Baby nicht verstehe. Denn es hatte bereits in diesem zarten Alter ein paar schwere Erkrankungen hinter sich, er nannte sie plötzlich seine Alte, die geradezu hysterisch auf jeden kleinen Schrei reagiere, ihn ständig auf Trab halte, er komme nicht mehr zur Ruhe, habe keine Freizeit mehr, keinen Feierabend; Vatersein, das sei ein einziger Stress. Es gebe nur noch Geschrei, aufgeregte Fahrten ins Krankenhaus, durchwachte Nächte, Frust. Plötzlich fühle er sich von der Frau falsch beurteilt, sie tue so, als sei er den ganzen Tag im Betrieb seinem Hobby nachgegangen. Sie mahnte an, dass er nicht verstehe, was sie den Tag über mit dem kranken Baby und dem Haushalt durchzustehen habe. Vor allem gebe es keine Entspannung, keine Erholung mehr. All ihre Freunde seien so entspannt, könnten spontan in den Biergarten gehen, unternähmen Wochenendtouren, und sie seien als Eltern plötzlich ausgeschlossen oder einfach zu müde.
Dass Elternschaft auch Verzicht bedeutet, das hat uns keiner gesagt, und Verzichten haben wir auch gar nicht gelernt, meinte der junge Vater einsichtig wie anklagend. Ob in Zeitungen oder Zeitschriften, im Fernsehen oder im Film, überall werde einem vorgeschwärmt, dass Vaterglück unbegrenzte Kräfte freisetze, Muttersein die Frau zutiefst erfülle und das Kind ihre Liebe kröne. Stattdessen erlebe er nur noch Zank und Streit.
Von wegen glückliche Familie: Auch dieses Paar hat sich auf das Kind gefreut, vielleicht sogar wegen des Kinderwunsches eigentlich erst geheiratet – wie viele andere Paare auch. Dann ist das Wunschkind endlich auf der Welt, doch das erwartete Familienglück bleibt aus oder verflüchtigt sich relativ schnell.
Bild kommt von der Mitev Goldschmied Webseite