Gründe fürs Heiraten
Die verwirrende Vielfalt in der heutigen Beziehungslandschaft ist für junge Paare nur schwer auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die alten Vorbilder herkömmlicher Lebensformen haben zusehends an Anziehungskraft verloren, während die neuen Leitbilder moderner Beziehungsmodelle sich noch nicht etablieren konnten. Zwischen alten Normen und neuen Formen ist ein Raum größter Unsicherheit und Unentschlossenheit entstanden. Es fehlt ein allseits anerkannter Orientierungs- und Ordnungsrahmen.
Dennoch haben wir es bei aller Vielfalt keinesfalls mit Beliebigkeit zu tun. Die Lebensformen der Menschen sind stets ihre entsprechende Antwort auf bestimmte Lebensbedingungen und Lebensumstände. Sie bleiben so lange allgemeinverbindlich und gültig, wie sie von den Menschen als sinnvoll und zweckmäßig erachtet werden und ihre soziale Aufgabe und Funktion erfüllen. In gesellschaftlichen Übergangssituationen verlieren sie ihre fraglose Selbstverständlichkeit. Dann suchen gerade junge Frauen und Männer – oft verzweifelt genug – nach (neuen) tragfähigen Formen des Miteinanders, um unter den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (über-)leben zu können.
Junge Paare müssen ihr Leben heute weitestgehend in eigener Regie organisieren. Sie sind zugleich Drehbuchschreiber, Regisseur und Darsteller in einer Person! Mehr als andere Generationen vorher müssen sie selbst die Spielregeln, die Normen und Formen ihres Zusammenlebens festlegen und sich dabei von alten Leitbildern verabschieden. Das gilt insbesondere für die herkömmlichen Rollenzuweisungen und Erwartenshaltungen an Mann und Frau. Aufgrund ihres gewandelten Selbstverständnisses sind ganz neue Vereinbarungen zu treffen. Das erfordert einen erheblichen Aufwand an persönlichem Engagement, an Reflexionsvermögen, an Kreativität, an Entscheidungs- und Risikobereitschaft. Die Einsicht, dem gemeinsamen Leben selbst die Richtung weisen zu können, gehört bei aller Schwierigkeit zur befreienden Aussicht junger Paare. Um diese Lebensperspektive wird die junge Generation von der älteren vielfach beneidet.